| Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz & Landeswahlversammlung BTW21 - 22.08.2020 | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 10. Verschiedene Anträge | 
| Status: | Beschluss | 
| Abstimmungsergebnis: | Ja: 44, Nein: 10, Enthaltungen: 10 | 
| Beschluss durch: | LDK B90/Grüne MV | 
| Beschlossen am: | 22.08.2020 | 
| Eingereicht: | 12.10.2020, 13:52 | 
| Antragshistorie: | Version 1  | 
MV und Russland: Zeit für einen neuen Dialog
Beschlusstext
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für internationale Zusammenarbeit, transnationalen 
zivilgesellschaftlichen Austausch und wirtschaftliche Kooperationen. Aber nicht 
um jeden Preis. Demokratische Grundwerte und Minderheitenrechte sind für uns 
wichtiger als Profitwünsche von Unternehmen. Wir kritisieren daher eine Politik, 
die Menschenrechte wirtschaftlichem Gewinnen unterordnet und fordern:
1. Einen Ausbau der Handelsbeziehungen insbesondere zu unseren Nachbarn im 
Baltikum und in Osteuropa, einen verstärkten Dialog mit zivilgesellschaftlichen 
Akteur*innen aus Russland und ein Ende der so genannten „Russlandtage“ für 
Wirtschaftsvertreter in der bisherigen Form.
2. Ein klares Bekenntnis der Landesregierung zur Sicherheit unserer 
Partnerländer im Baltikum und Osteuropas.
3. Die Umsetzung und Finanzierung eines neuen Landes-Austauschprogramms mit 
Schüler*innen, Student*innen, demokratischen Oppositionellen, Journalist*innen, 
Sportlern, Künstler*innen und NGOs, die sich für demokratische Werte in Russland 
und anderen ehemaligen Republiken der Sowjetunion einsetzen. Für Teilnehmerinnen 
und Teilnehmer, die dieses neue MV-Ost-Stipendium samt Visaerleichterungen 
bekommen, soll es jährlich ein neues Demokratie-Forum geben, welches einen 
direkten Dialog mit der Bevölkerung anregt. Ziel des Landes-Austauschprogramms 
ist es einerseits, den Stipendiat*innen Einblick in unser Leben zu geben und 
ihnen zu ermöglichen, demokratische Prozesse in der Praxis kennenzulernen. 
Andererseits sollen die Bürger*innen aus MV durch offene Diskussionsforen und 
Informationsveranstaltungen von den Stipendiat*innen erfahren, wie sich ihr 
Leben Zuhause gestaltet. Diese direkte und persönliche Auseinandersetzung wird 
ein tieferes Verständnis für die tatsächlichen heutigen Verhältnisse in den 
Nachfolgestaaten der UdSSR befördern und einen neuen Dialog ermöglichen. Dieser 
soll die Basis für einen direkten, zivilgesellschaftlichen Austausch auf 
Augenhöhe werden.
Begründung
Im nächsten Jahr soll nach Planungen der Landesregierung wieder ein „Unternehmertag: Russlandtag in Mecklenburg-Vorpommern" stattfinden[1]. Es soll der vierte „Russlandtag“ für Wirtschaftsvertreter*innen und Politiker*innen in unserem Bundesland werden. Die bislang größte Wirtschaftsdelegationsreise einer Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns führte nach Russland[2]. Sie wäre dieses Jahr wiederholt worden, wenn die Pandemie-Maßnahmen keine Verschiebung bewirkt hätten.
Platinsponsor des vergangenen Russlandtages in Rostock war die Nord Stream AG[3]. Und obwohl Mecklenburg-Vorpommerns Außenhandelsumsatz mit Ländern wie Polen oder den Niederlanden weitaus größer ist, umwirbt die Landesregierung in der Öffentlichkeit vor allem Wirtschaftslobbyisten aus Russland. Demgegenüber scheint das Interesse der russischen Regierung an engeren wirtschaftlichen Beziehungen zu MV deutlich geringer zu sein.
Gleichzeitig ist Russland nicht erst seit der Verfassungsänderung in diesem Sommer ein pseudodemokratisch regierter Staat. Gewaltenteilung, Minderheitenschutz, Meinungs- und Pressefreiheit sowie faire und freie Wahlen sind eingeschränkt[4]. Nach den Kriegen in Transnistrien und Tschetschenien griff Russland in vier kriegerische Konflikte ein oder löste sie aus. Im zweiten Tschetschenien-Krieg (1999 bis 2009), im Georgien-Krieg (2008), bis zum heutigen Tag auf den Schlachtfeldern Syriens (seit 2015) und in der Ukraine (seit 2014) ist die russische Regierung für den Tod Zehntausender Menschen verantwortlich.[5] Jedes Jahr gibt die russische Regierung Milliarden aus, um ihre militärischen Abenteuer propagandistisch zu inszenieren[6]. Oppositionelle werden in Russland und im europäischen Ausland ermordet.[7] Und mit dem europarechtlich fragwürdigen und ökologisch unsinnigen Bau der North-Stream-2-Pipeline durch die Ostsee und das Binnenland MVs spaltet Russland die EU und beschädigt unsere Umwelt nachhaltig.
Die von der SPD angeführte Landesregierung stellt sich nicht entschieden gegen diese Ungerechtigkeiten. Der Sinn der EU-Sanktionen, die nach Russlands mehrmaligem Bruch des Völkerrechts verhängt wurden, wird dadurch unterlaufen. Das Vertrauen in die Demokratiefestigkeit unserer Gesellschaft wird beschädigt. Und unser Ansehen unter europäischen Nachbarn leidet.
Quellen: